V.D.M.I.Æ.


Devise der Lutherischen Reformation auch am Schloss Hartenfels gesichtet




Es sind wohl fünf Häuser in Torgau, die den bedeutenden Wahlspruch (die Devise) der Lutherischen Reformation „Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit“ tragen.

Die o.g. Devise lautet in Latein: „Verbum Domini Manet In Aeternum“; in Kurzform: V.D.M.I.Æ. Letzteres sind die auf die Reformation hinweisenden markanten Versalbuchstaben. Diese Buchstabenfolge findet sich für Jedermann sichtbar an folgenden Häusern in Torgau: Breite Straße 2; Pfarrstraße 5 (Pfr. Beer); Fleischmarkt 6/Ecke Nonnenstraße (Höcke); außerdem im Inneren der Häuser Markt 4 (Hancke) und Pfarrstraße 6 (Noll-Minor). Hinweise zu einigen dieser Häuser erhielt ich von Dr. Hancke.
Peter Findeisen hatte vor Jahren gelegentlich einer Festungstagung des Förderverein Europa Begegnungen e.V. so nebenbei erwähnt, dass auch am Schloss Hartenfels der genannte, abgekürzte Wahlspruch der Lutherischen Reformation vermerkt sei. Die Suche gestaltete sich erfolgreich, wie man den beigefügten Fotos entnehmen kann.

Einige Bemerkungen zu der Devise V.D.M.I.Æ.:
Der ernestinische Kurfürst Friedrich der Weise wählte, 1522, einen durch Spalatin vorgeschlagenen Kurztext, dem Alten Testament entstammend, für die Beschriftung einer Medaille aus. Es war der oben genannte Spruch, der nachfolgend an Bedeutung gewann und sich in der Kurzform rasant ausbreitete.
V.D.M.I.Æ. fand sich auf Gegenständen des Hofes. Alle Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes verwendeten die Versalien des Wahlspruchs. So fanden sich die Buchstaben sogar auf dem (rechten) Puff-Ärmel der Kleidung der Herrscher und der Hofleute der Reformation zuneigenden Adelshäuser. Der Wahlspruch wurde schließlich europaweit die Devise der Reformation.

Was aber ist der tiefe Sinn der Devise?
Nun, „Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit“ kommt ja einem der fünf Mottos (Solas) der neuen Lutherischen Kirche, nämlich dem „Allein das Wort“ sehr nahe: (vgl. meinen Beitrag, TZ vom 15.05.2015). „Allein das Wort!“ Oder: „Es ist das Wort Gottes, das ewig bleibt“. Beides verweist auf ein reformatorisches Zurück zu dem Wort Gottes in der Bibel, ohne päpstliche oder anderweitige Zutat. So wie die geschriebenen Rötel-Inschriften im Wendelstein, so war auch das Einmeißeln von V.D.M.I.Æ. an bevorzugter Stelle im Torgauer Schloss Hartenfels Ausdruck und Beleg dafür, den neuen Glauben (die neue Konfession) „in Abbildung zu bringen“: In Stein gemeißelt; von anderen wahrgenommen, dann nachgeahmt und somit Verbreitung erlangend.
Die Bürgerschaft, das Kirchenvolk überhaupt, sie waren im neuen Glauben Partner der Kurfürsten und Reformatoren. Auch die „unten“ halfen bei der Verbreitung der lutherischen Glaubensrichtung. Geistige Eliten (Luther; Melanchthon) waren hierbei die Ideengeber und weltliche Eliten (Kanzler Brück; Spalatin) brachten Ordnung und Organisation hinein. Alle standen sie zu V.D.M.I.Æ. Natürlich wurde das V.D.M.I.Æ. den Gegnern der Reformation sichtbar und gesucht entgegen gehalten. Man wollte damit schon aufhorchen lassen und bei der anderen Seite Achtung und Respekt erzeugen.

Und, was tat Torgau, das politische Zentrum der Lutherischen Reformation?
Es war mit einer Vielfalt an Maßnahmen zur Verbreitung und Verinnerlichung der neuen Konfession befasst. Wenn auch nicht so „wuchtig“ in Erscheinung tretend, so sind doch das gemeißelte „Torgauer V.D.M.I.Æ.“ und das geschriebene „Torgauer Gloria soli deo NB“ mit Beleg dafür.

Nun ein Hinweis für die eigene Erkundung:
Wo wird heute der am Schloss Suchende in Sachen V.D.M.I.Æ. fündig? Man stelle sich gegenüber dem Cielasschen „Zollhaus“, auf die andere Straßenseite. Dann richte man den Fernglas-Blick auf den ocker-braunen Übergangserker (Brückenerker), der die Flügel B und C verbindet. Unterhalb der Profile des Erkers, auf einem Sandsteinblock findet man V.D.M.I.Æ.. Darüber steht noch das Steinmetzzeichen des damals „Werktätigen“ und etwas nach rechts geschaut, die interessante Jahreszahl 1534, alles siehe Foto. Alle in Torgau vorhandenen Wahlsprüche „V.D.M.I.Æ.“, nunmehr sechs an der Zahl, hat Sieglinde Lawrenz „Malgruppe 725“ mit Pinsel und Farbe künstlerisch bearbeitet.

Dr. Uwe Niedersen


Links: Gloria Soli deo NB, so im Wendelstein. Die originalen Buchstaben sind 7 cm und 2,5 cm hoch; Länge des Sinnspruchs 28 cm
Rechts: Computertechnische Verstärkungen vorgenommen. Foto: Dr. Niedersen