Tagung der Historiker und Festungsforscher
Torgau/Elbe, 28. und 29. Mai 2010



200 Jahre Sächsische Elb- und Landesfestung Torgau,
Edikt vom 29. November 1810 und 250 Jahre Schlacht bei Torgau,
3. November 1760 (Teil I)



Ort: Schloss Hartenfels, Plenarsaal, Flügel D (Innenhof), 2. Etage




R e s ü m e e




Die neunte Tagung der Festungsforscher und Historiker wurde wiederum vom Förderverein Europa Begegnungen e.V., Torgau und seinem Sachsen-Preußen Kollegium im Schloß Hartenfels durchgeführt.
Die Ausstellung, veranstaltet durch die Arbeitsgemeinschaft „Jena 1806 e.V.“ (Robert Heyne), trat mit einem Reichtum an Exponaten hervor; im Besonderen waren es Waffen und Ausrüstungsgegenstände sowie Schlachtfunde von der Schlacht Jena-Auerstedt, 14. Oktober 1806.
Neben der zu erschauenden einzigartigen Sammlung von Waffen jener Zeit informierte R. Heyne über Denkmale und Gedenksteine, die auf dem Areal der Schlachtfelder von Jena und Auerstedt durch die Arbeitsgemeinschaft Jena 1806 e.V. gesetzt wurden. Die Gedenksteine sind den Besuchern Orientierungshilfen, um den Ablauf der beiden Schlachten nach vollziehen zu können.
In die Tagungsmappe wurden, neben der Adressenliste und dem Tätigkeitsprofil der Teilnehmer, eine Kopie aus dem Handbuch für Offiziere des Generalstabes, Wien 1866, „Festungen. Versetzung fester Plätze in Verteidigungsstand“ (Bereitstellung durch Norbert Zsupanek) und ein Aufsatz von Dr. Hansjochen Hancke 1985 verfasst, „Die Schlacht bei Torgau“ beigelegt.
Zur Vorbereitung der Begehung des Fort Zinna der Festung Torgau diente der den Unterlagen beigefügte Plan von 1886 (s/w Kopie) sowie eine Skizze (H. Jäger) die Angriffs- und Verteidigungsminen während einer Belagerung zeigt. Die Tagungsmappe kann aus dem Büro des Veranstalters (kostenlos) bezogen werden.
Im Plenarsaal befanden sich der Büchertisch mit aktueller Literatur zum Tagungsthema sowie einige Posterstände. Der Veranstalter der Tagung, Förderverein Europa Begegnungen e.V., konnte pünktlich zum Tagungsbeginn den Band
„Die Festung Torgau, 2. Fort Zinna“ herausgeben. Zuvor war der Band „Die Festung Torgau, 1. Der Brückenkopf“ erschienen. Die Bände können wiederum vom Veranstalter bezogen werden.
Drei Posterstände waren zu folgenden Themen aufgestellt und fachlich betreut worden: Brückenkopf Torgau durch Manfred Dauer; eine Festungs-Postkartensammlung sowie eine Lazarett-Karte, die die jeweiligen Verhältnisse in der Festung Torgau vorstellten, durch Dr. Klaus Landschreiber sowie schließlich historische Uniformen auf Plakaten, so wie sie die Militärs um 1813 trugen, mit beschreibenden Texten von Herbert Jäger.
Die Tagung war mit einer Führung im Flaschenturm des Schloß Hartenfels durch die Diplom-Restaurateurinnen Nadja Kühne und Susann Wilhelm eingeleitet worden.

Folgend werden einige (vor allem) festungstechnische und –historische Inhalte aus den Vorträgen mitgeteilt:
Dr. Klaus T. Weber (Koblenz) sprach über „Ernst Ludwig von Aster und der Festungsbau um 1815“. Asters Entwurf für eine Neubefestigung von Koblenz orientierte sich am aktuellen französischen Bastionärsystem und entsprach nicht der damaligen preußischen Festungsbauauffassung. Die Entwürfe fertigte Le Bould de Nans an; eine eingehende Beschäftigung mit dieser Person könnte lohnenswert sein. Asters Bedeutung sei in der Oberaufsicht über die rheinischen Festungsbauten zu sehen. Bedeutsam würde hierbei, so Dr. Weber, die Durchführung eines pseudoempirischen Bauverfahrens sein, durch das damals korrigierend in das Baugeschehen eingegriffen wurde und das Klarheit schon in der Entstehungszeit anstrebte, im Besonderen was die neuartigen Bauten im Kriegsfalle zu leisten im Stande wären.
Einleitend referierte Dr. habil. Uwe Niedersen (Torgau) zum Thema „Entstehungsgeschichte der Sächsischen Elb- und Landesfestung Torgau“ (Teil I). Um 1809/10 strebte das Königreich Sachsen nach einer zentralen Landesfestung, um einen Verwahrungsort für Vorräte und einen Versammlungsort für die Sächsische Armee zu besitzen. Torgau an der Mittleren Elbe erschien geeignet. Napoleon I. akzeptierte Torgau, doch ging es ihm um einen anderen Festungstypus. Er benötigte für den geplanten Angriff auf Rußland eine Kampagne-Fortifikation. Mit dem Auffinden des sächsischen Entwurfs der geplanten Landesfestung konnte erstmals gezeigt werden, wie die Ingenieur-Offiziere Le Coq und Aster eine solche Baustruktur wählten, die der Funktion einer zukünftigen Festung Torgau, nämlich ein Versammlungsort der Sächsischen Armee zu sein, besonders dienlich erschien. Der sächsische Planentwurf einer solchen Lagerfestung war auf Grund des Einspruchs von Napoleon I. nicht verwirklicht worden. Es bleibt heute zu prüfen, welchen Einfluss der Übergang vom sächsischen bastionären System nach der Glaserschen Manier zum französischen Bastionärsystem, wonach dann die Festung Torgau erbaut wurde, auf die Vorstellungen Asters, nach 1813 in preußischen Diensten, hatte.

Im Vortragsblock der Historiker trugen Prof. Dr. Rudolf Jenak (Dresden) über „Einige Erfahrungen des Jahres 1809 im Krieg Frankreichs und des Rheinbundes gegen Österreich“ vor, weiter Prof. Dr. Wolfgang Stribrny (Bad Sobernheim) über „Sachsen und Preußen im Widerstreit; 1697, 1760, 1813. Die Wende im 18. Jahrhundert“; Dr. Daniel Burger (Nürnberg) „Kurbayern im 18. Jahrhundert und seine Beziehungen zu Sachsen“ und Prof. Dr. Peter Broucek (Wien) „Die Beziehungen Sachsen-Österreich im 18. Jahrhundert“.
R. Jenak teilte (u.a.) mit, dass die Sachsen zum Schutz vor den Österreichern im Südosten Interesse gegenüber Napoleon I. bekundeten, die österreichische Festung Theresienstadt quasi als „Kriegsbeute“ zu erhalten. Da aber Napoleon 1809 mit dem besiegten Österreich milde verfuhr, blieb es für Sachsen dann bei der Errichtung der Landesfestung in Torgau.
W. Stribrny stellte die Konkurrenzsituation zwischen Brandenburg-Preußen und Sachsen in der Geschichte dar. Brandenburg habe stets im Schatten von Sachsen gestanden. Die Schlacht bei Torgau, 1760, habe bewiesen, dass Preußen trotz zahlreicher Gegner nicht zu besiegen war. Sachsen, 1806 bis 1813 mit Napoleon gehend, musste mit der Niederlage der Franzosen bei Leipzig seine politischen Ambitionen beenden.
P. Broucek verwies (u.a.) im Zusammenhang mit Torgau und den Schlesischen Kriegen auf das Testament Friedrich II. (1768), der die Arrondierung seines Staates durch den „Erwerb“ von Sachsen empfahl, ja forderte. Preußens König hatte in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch den Festungsbau, namentlich die Errichtung einer Festung in Torgau nach Beendigung eines Krieges mit Sachsen benannt.
D. Burger zeichnete das Streben Bayerns und Sachsen nach, über dynastische Verbindungen den politischen Einfluss zu erhöhen; ein Beispiel dafür war die in Dresden 1747 erfolgte sächsisch-bayerische Doppelhochzeit. Für die Wettiner und Wittelsbacher ergaben sich interessante Erbfolgemöglichkeiten, die dann 1778 durch den „Bayerischen Erbfolgekrieg“ allerdings eskalierten.
Während der Napoleonischen Zeit war Bayern schon vor Sachsen dem Rheinbund beigetreten und Bayern besetzten am 25. Oktober 1806 sogar Dresden. Der Wiener Kongress legte für Sachsen eine erhebliche Schwächung fest, ja, stellte beinahe die Existenz des Königreichs in Frage. Bayern mit ähnlicher Vorgeschichte konnte nach den Wiener Verhandlungen eher gestärkt hervortreten.

Zur Exkursion: Bei der Begehung des Forts Zinna hat Diplom-Bauingenieur Norbert Lange vom Sachsen-Preußen Kollegium des Fördervereins Europa Begegnungen e.V. aus bautechnischer Sicht die noch vorhandenen Elemente dieses Außenwerkes in ihrer Entstehungsgeschichte sowie in ihren fortlaufenden Veränderungen, die durch die waffentechnischen Fortschritte unerlässlich wurden, erläutert. Die Exkursion führte an der Kontereskarpe des trockenen Grabens entlang in das Minensystem des Forts, weiter zu einem Reduit-Blockhaus und dem Pulvermagazin der Halbbastion I.
Der Veranstalter dankt der Justizvollzugsanstalt Torgau für ihr förderliches Entgegenkommen bei der Durchführung der Begehung.
Abschließend sei noch auf die Durchführung der fakultativen Exkursionen zur sächsischen Poterne, später preußische kasemattierte Geschützstellung, im Brückenkopf (Leitung Manfred Dauer) und zum „Aquadukt-Gewölbe“ zwischen der Bastion 3 und 4 des Hauptwerkes der Festung Torgau (Leitung Bernd Lehmann) verwiesen.

Die nächste Tagung findet in Torgau/Elbe in der ehemaligen Alltagskirche, heute Aula des Gymnasiums (Schloßstraße), am 29., 30. und 31. Oktober 2010, statt.
Die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung wird in Torgau/Elbe am 24., 25. und 26. September 2010 durchgeführt.

Förderverein Europa Begegnungen e.V.
Dr. habil. Uwe Niedersen